Veröffentlicht am 19.05.2021 in Digitalisierung, Vereinsentwicklung, Vereinsmanagement

Digitalisierung der Sportvereine: Was hat sich durch Corona verändert?

1. Internetseiten der Sportvereine

Schauen wir uns zuerst die Internetauftritte der Sportvereine an. Als Grundlage für meine Beobachtungen vor der Pandemie dient die Studie “Internetseiten der Sportvereine im Blick – Eine Analyse von ausgewählten Sportvereins-Internetseiten”, die Gabriele Wach und ich im Jahr 2019 durchführten. Die Situation vor der Pandemie bot ein sehr durchwachsenes Bild.
So konnten wir erkennen, dass die meisten Vereine zwar einen Internetauftritt hatten, die Qualität unterschied sich allerdings von Verein zu Verein teilweise recht deutlich. Es war zu erkennen, dass es bei vielen Sportvereinen Raum zur Verbesserung gab. In einigen Fällen fehlten sogar Basics wie das Impressum oder die Datenschutzerklärung. Ebenfalls ausbaufähig waren zum damaligen Zeitpunkt auch die Informationen für Neuinteressenten. Die Beschreibung der Sportangebote, die Höhe der Beiträge oder die Vereinssatzung musste man entweder suchen oder fand sie überhaupt nicht. Positiv hervorheben konnte man dafür den Umgang mit bestehenden Mitgliedern: Immerhin ⅓ der Vereine bot seinen Mitgliedern einen “internen Bereich”.
Im Zuge der Pandemie wurde dann vielen Vereinsverantwortlichen bewusst, wie wichtig der digitale Vereinsauftritt ist, um weiterhin mit den Mitgliedern kommunizieren zu können. Durch die Kontaktbeschränkungen rückte die Digitalisierung noch mehr in den Vordergrund. Allerdings spaltete die Corona-Pandemie die Vereine scheinbar auch in zwei Lager. Einerseits gab es die Vereine, die die Dringlichkeit der Digitalisierung erkannten und aktiver wurden, was die Vereinswebseite angeht. Diesem Teil der Sportvereine gelang es, mit ihren Aktiven zu interagieren und innerhalb kürzester Zeit eine Online-Angebotspalette auf die Beine zu stellen. Das andere Lager scheint dagegen in eine Art Schockstarre verfallen zu sein. Auf den Internetseiten der Vereine tat sich über Monate hinweg gar nichts. Eine regelrechte Funkstille stellte sich ein. Um dieses Bild auch mit Zahlen zu untermauern und das Ergebnis anschließend mit der Studie von 2019 zu vergleichen, werten wir aktuell die Anfang 2021 gesammelten Daten zu den gleichen Vereinen aus und werden diese sobald wie möglich veröffentlichen.

2. Freiwilliges Engagement/Ehrenamt

Auch im Bereich des Ehrenamtes kann man einen kleinen Wandel beobachten. Das Vereinsleben und die Zusammenarbeit innerhalb eines Vereins war vor der Pandemie sehr analog geprägt. So wurden beispielsweise Vorstandssitzungen meist vor Ort abgehalten. Wer nicht vor Ort war konnte nicht teilnehmen. Für ein soziales Miteinander und die vertrauensvolle Zusammenarbeit sind persönliche Kontakte auf jeden Fall wertvoll. 

Gerade vor dem Hintergrund der häufigen Klagen zu einem Mangel an Engagierten bietet hier das Online-Volunteering einen Ansatzpunkt. Die Erledigung von Vereinsaufgaben vom eigenen Rechner und von nahezu jedem beliebigen Ort kann eine Chance sein, um dem Sportverein neue Horizonte zu eröffnen. Im Jahr 2019 konnte ich beobachten, dass die Akzeptanz des Online-Volunteerings bei Sportvereinen eigentlich gen Null ging. Einige Ansatzpunkte, wie das Online-Volunteering funktionieren kann, habe ich bereits im Jahr 2016 niedergeschrieben. Dabei reicht die Engagementmöglichkeit von umfangreichen längerfristigen Aufgaben über zeitlich begrenzte Projektarbeiten bis hin zu Kurzeinsätzen z. B. für das Voting im Rahmen eines Vereinswettbewerbs.

Im Laufe des letzten Jahres ist es aber mehr und mehr Normalität geworden, die Vereinsarbeit über digitale Medien zu organisieren. Quasi eine Art “Homeoffice” für den Sportverein. Ein Beispiel hierfür sind die Vorstandssitzungen, die mittlerweile auch via Web-Konferenz abgehalten werden können, selbst virtuelle Mitgliederversammlungen sind möglich. Die Digitalisierung im Sportverein bietet ohnehin viele Vorteile. Zwar bleibt der zeitliche Aufwand bei der eigentlichen Veranstaltung gleich, es kommt aber kein zeitlicher Aufwand für Anfahrts- und Heimwege mehr dazu. Vor der Pandemie setzten sich vor allem Vereine mit diesem Thema auseinander, die auch digital affine Leute in ihren Reihen haben. Durch die Corona-Pandemie mussten sich viele Vereine auch durch eine Art “Zwangsliebe” mit diesem Thema anfreunden.

Und dabei ist das Online-Volunteering eine Win-Win-Situation, denn 

  • dem Verein kann es somit nämlich einfacher gelingen, Ehrenamtliche zu halten, auch, wenn sie an einem anderen Ort sind. Gerade, wenn man gerade studiert oder eine Stelle in einer anderen Stadt annimmt, ist es einfacher, digital zusammenzuarbeiten. Julian von Yolawo führt beim TC GW Kirchzarten (einem Verein in der Nähe von Freiburg) seine Aufgabe als Sportwart weiter, obwohl er selbst in Stuttgart ist. Vor kurzem startete er in seinem Verein sogar eine Ballschule und ermöglichte den Teilnehmenden in diesem Zuge eine einfache Online-Anmeldung.
  • der Sportverein hat die Möglichkeit, auch Interessenten für projektbezogene Vereinsaufgaben zu finden, selbst wenn sie nicht direkt mit dem Verein verbunden sind und nur Spaß an einem speziellen Thema haben. Das kann zum Beispiel die Umsetzung eines digitalen Projekts sein.

3. Vereinsstrategie und Perspektive

Die Vergangenheit und Gegenwart sind das eine – sein Überleben sichert der Sportverein mit seinen Aktivitäten in der Zukunft. Im Gegensatz zu Unternehmen haben Sportvereine keine Gewinnorientierung. Natürlich sollte die Vereinskasse immer gut gefüllt sein, um auch Neuanschaffungen tätigen zu können. Trotzdem steht der finanzielle Aspekt keineswegs im Vordergrund. Das Hauptaugenmerk in der Vereinsarbeit liegt klar auf den Mitgliedern und deren Zufriedenheit. Sportvereine planen häufig eher kurzfristig, gerade im Wettkampfbereich ist die Saison eine gängige Zeitspanne. Das ist besonders bei den kleinen und mittleren Sportvereinen gut zu beobachten. Ich kann allerdings jedem Verein nur wärmstens empfehlen, sich selbst zu hinterfragen und eine gute Idee zu entwickeln, wo man in den nächsten fünf Jahren stehen möchte. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, die viele Veränderungen und Herausforderungen mit sich bringt. Auch, wenn man sagt, “unser Verein ist so, wie er ist, gut genug”, sollte man sich selbst hinterfragen. Ich benutze in diesem Zuge immer gern den Begriff des Selbst-Bewusstseins. Man soll also eine gesunde Selbstreflektion haben. Auch das kann eine große Chance sein, wenn man plant, neue Engagierte für seinen Verein zu gewinnen.

Um uns nun genau die Auswirkungen der Pandemie auf die Vereinsstrategie und die Perspektive anzuschauen, sind noch weitere Studien notwendig. Was allerdings klar ist, ist die Tatsache, dass einige Vereine die Pandemie nutzen, um zu schauen, welche “Bausteine” des Vereinslebens man zum Beispiel durch digitale Tools ersetzen und verbessern kann. Und auch das ist ja schon ein großer Schritt in die richtige Richtung!

Fazit:

Zusammengefasst kann man sagen, dass sich seit Beginn der Pandemie einiges getan hat. Durch den “Digitalisierungs-Turbo” sind mehr Vereine darauf aufmerksam geworden, wie wichtig die digitale Darstellung auch für die Wahrnehmung eines Vereins ist. Auch die Chancen für die Engagierten haben einige Vereine durch die Pandemie gesehen. Das Online-Volunteering kann eine Chance sein. Zwar denken immer noch nur wenige Vereine über eine richtige Strategie nach, um ihrem Verein auch eine gute Perspektive für die nächsten Jahre zu ermöglichen, doch auch in diesem Bereich hat die Digitalisierung etwas bewirkt. Einige Sportvereine versuchen, mühsame Aufgaben unter anderem mit digitalen Tools zu vereinfachen und ersparen sich somit eine Menge Arbeitsaufwand. Nicht vergessen: Die Entwicklung der Zukunftsfähigkeit für den Sportverein kann auch richtig Spaß machen!

Über den Experten:

Das ist Professor Dr. Ronald Wadsack:

  • 1958 geboren
  • Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität – Gesamthochschule – Wuppertal
  • Promotion zur Motivation ehrenamtlicher Mitarbeiter in Sportvereinen
  • seit 2000 Professor für das „Management von Einrichtungen des Sports und der Sportindustrie“ an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften – Campus Salzgitter
  • Themenschwerpunkte: Freiwilliges Engagement (im Sport), Strategische Zukunftsorientierung von Sportvereinen und -verbänden, Digitalisierung und Sportvereine/-verbände
  • zahlreiche Publikationen, u. a. Herausgeber der Buchreihe „Blickpunkt Sportmanagement“ im Verlag Peter Lang

So erreiche ich den Experten:

Du erreichst Professor Dr. Wadsack über seine E-Mail-Adresse.

Wissenswert:

In unserem Blog verraten wir dir auch, wie du deinen Sportverein fit für die Zukunft machst.

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