Veröffentlicht am 07.02.2025 in Allgemein, Tipps & Tricks, Vereinsentwicklung, Vereinsmanagement

Hallen-Engpass im Verein? Mit diesen 6 Strategien nutzt ihr eure Kapazitäten besser

Die Organisation von Kursen und Trainingszeiten ist eine der größten Herausforderungen für Vereine. Besonders die Hallen- und Raumplanung kann zum echten Zeitfresser werden.

Begrenzte Kapazitäten, kurzfristige Änderungen und die faire Vergabe von Hallenzeiten machen es schwer, allen gerecht zu werden. Doch wie lassen sich diese Probleme lösen?

Um das herauszufinden, haben wir über 100 Sportvereine befragt und tiefgehende Interviews mit 9 Großvereinen geführt. Das Ergebnis: Die meisten kämpfen mit ähnlichen Problemen – aber es gibt bewährte Strategien, mit denen ihr eure vorhandenen Kapazitäten besser nutzt und neue Ressourcen erschließen könnt.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Großvereinen für die wertvollen Insights aus den geführten Interviews:

Vorhandene Kapazitäten besser nutzen

Stellschraube 1: Kurspriorisierung – Welche Kurse verdienen wann und wo einen Platz?

Nicht alle Kurse sind gleich – und nicht jeder Termin ist für jede Zielgruppe optimal. Erfolgreiche Vereine setzen deshalb auf eine clevere Priorisierung nach festen Kriterien:

Nachfrage systematisch bewerten: TV Jahn Rheine nutzt ein Ampelsystem in Excel, um regelmäßig zu analysieren, welche Kurse stark nachgefragt sind und wo es Leerzeiten gibt. Dadurch wird das Angebot monatlich optimiert.

Temporäre Trendsportarten testen: Die SpVgg Besigheim testet neue Trendsportarten zunächst für einen begrenzten Zeitraum, um die Nachfrage zu ermitteln. Bei positiver Resonanz und ausreichend Teilnehmern werden diese dauerhaft ins Programm aufgenommen.

Vorrang für bestimmte Zielgruppen: Vereine wie der TSV Neuhausen priorisieren hingegen Wettkampfgruppen vor Freizeitgruppen, um den sportlichen Erfolg zu sichern.

Flexible Zeitvergabe für eine bessere Auslastung: Der MTV Stuttgart plant mit flexiblen Zeiten, sodass bestimmte Gruppen (z. B. Schulen oder Senioren) bevorzugt in Randzeiten untergebracht werden. Beispielsweise können vormittags Kurse für Senioren stattfinden, während am Nachmittag Kinder- und Jugendangebote priorisiert werden. Abends wiederum können Wettkampfmannschaften oder Breitensportgruppen auf ihre Kosten kommen. So wird nicht nur die Auslastung verbessert, sondern auch eine gerechtere Verteilung der Hallenzeiten erreicht.

First-Come-First-Serve-Prinzip: Der SC Siemensstadt setzt auf ein unkompliziertes System, bei dem kurzfristige Buchungen nach Reihenfolge der Anfrage vergeben werden. Dieses Prinzip hilft, Leerzeiten zu minimieren und die Effizienz der Hallennutzung zu steigern.

Stellschraube 2: Raumflexibilität – So nutzt ihr Hallen vielseitiger

Oft gibt es Engpässe in der Primetime, während Hallen zu anderen Zeiten leer stehen. Die Lösung? Mehr Flexibilität in der Raumnutzung!

Folgende zentrale Ansätze haben sich bewährt:

Mobile Sportgeräte und Trennwände: TSG Heilbronn setzt auf bewegliche Sportgeräte und eine teilbare Halle, um mehrere Gruppen parallel trainieren zu lassen.

Multifunktionale Nutzung: Beim TV Jahn Rheine sind Räume nicht fest einer Sportart zugeordnet, sondern werden durch geeignete Ausstattung für verschiedene Zwecke umfunktioniert.

Hallen außerhalb der Trainingszeiten vermieten: Die SpVgg Besigheim vermietet Hallen für Kindergeburtstage und Firmen-Events, wodurch freie Zeiten effizient genutzt werden.

Stellschraube 3: Bessere Planung – Weniger Stress, mehr Effizienz

Kurzfristige Absagen und Chaos in der Belegungsplanung? Unsere befragten Vereine setzen auf klare Strukturen und langfristige Planungen, um Engpässe zu vermeiden und Ressourcen optimal zu nutzen.

Zentrale Hallenübersicht: Der SC Siemensstadt nutzt Excel mit Farbcodierungen und separaten Tabellenblättern für Sonderbelegungen sowie Outlook zur Organisation.

Jahresplanung mit digitaler Unterstützung: TSV Neuhausen und der SC Siemensstadt führen eine jährliche Sportwart-Sitzung durch, um Turnier- und Trainingspläne abzustimmen. Auch die SpVgg Besigheim setzt sich einmal im Jahr mit Vertretern der verschiedenen Abteilungen zusammen, die ihre Bedürfnisse und Anforderungen an die Hallen kommunizieren können. Entscheidungen über die Hallenbelegung werden zentralisiert getroffen, um Überschneidungen und Missverständnisse zu vermeiden.

Notfallpläne entwickeln: Der Mombacher Turnverein setzt auf feste Vertretungsregeln, um kurzfristige Ausfälle effizient zu kompensieren und Engpässe in der Hallennutzung zu vermeiden. Bei Absagen übernimmt entweder ein vorab bestimmter Ersatztrainer oder eine andere Sportgruppe die freigewordene Hallenzeit, sodass keine Kapazitäten ungenutzt bleiben.

Echtzeit-Buchungssysteme: Die SpVgg Besigheim testet ein Hallennutzungsmodul, das es ermöglicht, Hallenzeiten direkt zu reservieren und Engpässe zu vermeiden.

Weitere Ressourcen erschließen

Stellschraube 4: Externe Partner einbinden – Mehr Raum, weniger Engpässe

Trotz aller internen Bemühungen und Optimierungen bleibt oft das Problem: Es gibt nicht genug eigene Räumlichkeiten. Also warum nur auf den eigenen Hallen sitzen bleiben, wenn nebenan vielleicht ungenutzte Räume leer stehen?

Ressourcen erweitern durch starke Partnerschaften: Durch Kooperationen mit Schulen, Seniorenheimen und Schwimmbädern erweitert der GW Eimsbüttel gezielt seine Kapazitäten. So finden beispielsweise Bewegungsprogramme direkt in Seniorenheimen statt, während Aquafitness-Kurse in Schwimmbädern durchgeführt werden. Auch Schulhallen werden außerhalb der Unterrichtszeiten effektiv für Vereinssport genutzt.

Verwaltung und Nutzung von Bürgerräumen: Der MTV Stuttgart übernimmt als Trägerverein die Verwaltung städtischer Bürgerräume in ihrem Stadtteil. Diese Räume stehen allen Vereinen der Region zur Verfügung – ohne Entgeltzahlung oder Sachkostenbeitrag. Der MTV Stuttgart nutzt die Räumlichkeiten selbst für eigene Angebote und ermöglicht gleichzeitig anderen lokalen Vereinen wie Gesangvereinen oder Tanzgruppen eine unkomplizierte Nutzung.

Weitere Ausweichmöglichkeiten: Einige Vereine nutzen auch benachbarte Vereine, Sportplätze, Parks und Bezirkssportanlagen, um Engpässe in der Hallenvergabe zu überbrücken. Besonders für wetterunabhängige Sportarten oder in den wärmeren Monaten können solche Optionen eine wertvolle Ergänzung sein. So nutzt der Mombacher Turnverein regelmäßig nahegelegene Bezirkssportanlagen und Parks für Trainingszwecke, um Hallenzeiten zu entlasten.

Digitale Buchungstools nutzen: Der TV Jahn Rheine greift auf ein städtisches Buchungsportal zu, um Hallen effizienter zu belegen.

Stellschraube 5: Ansprache und Verhandlungen – So sichert ihr euch die besten Zeiten

Hallenzeiten sind begehrt – doch mit klugen Argumenten lassen sich bevorzugte Slots sichern:

Priorisierung nach sportlicher Relevanz: Der TSV Neuhausen setzt auf Argumente wie höhere Ligazugehörigkeit oder überregionale Relevanz, um bevorzugte Hallenzeiten zu sichern.

Hallenbedarf realistisch begründen: Der Mombacher Turnverein zeigt mit Indoor-Trainingsanforderungen für Turnen, wie bestimmte Hallennutzungen unabdingbar sind. Anders als Fußballvereine, die wetterunabhängig oft auch auf Außenanlagen trainieren können, sind für das Turnen Hallen mit spezieller Ausstattung unverzichtbar, um Sicherheitsstandards einzuhalten und Verletzungsrisiken zu minimieren.

Zentrale Standorte für Senioren- und Gesundheitssport: TSV Neuhausen setzt sich dafür ein, dass gemeinwohlorientierte Angebote wie Seniorenfitness möglichst in der Ortsmitte stattfinden sollten, da längere Anfahrtswege für ältere Menschen eine Hürde darstellen. Der Verein berücksichtigt dies, wann immer möglich, bei der Vergabe von Hallenzeiten. Dieses Argument kann bei Verhandlungen um Hallenzeiten als starkes Kriterium genutzt werden.

Langfristige Beziehungen zum Sportamt pflegen: SC Siemensstadt pflegt enge Beziehungen zum Sportamt, um bevorzugten Zugang zu Schulhallen zu erhalten.

Stellschraube 6: Klare Verantwortlichkeiten – Kein Chaos in der Planungern?

In vielen Vereinen liegt die gesamte Hallenplanung bei einer einzigen Person – oft ohne klare Strukturen oder Unterstützung. Das führt zu unnötigem Stress und erhöht die Fehleranfälligkeit. Die Lösung?

Zentrale Ansprechpartner ernennen: Statt die gesamte Planung auf eine Person abzuwälzen, hilft es, feste Rollen zu definieren. Die Turngemeinde Würzburg hat dafür eine Minijob-Stelle eingerichtet, die sich gezielt um die Hallenorganisation kümmert – mit klaren Prozessen und Unterstützung durch die Geschäftsstelle.

Zusammenarbeit zwischen Geschäftsstelle & Sportwarten: Beim MTV Stuttgart arbeiten Geschäftsstelle und Sportwarte zusammen, um Anforderungen effizient zu koordinieren.

Mitbestimmung für faire Hallenvergabe: Die Turngemeinde Würzburg setzt auf regelmäßige Treffen mit Abteilungsleitern, um Überschneidungen und Konflikte zu vermeiden. Durch die Einbindung von Beiräten sorgt die Turngemeinde Würzburg für eine transparente Verteilung der Hallenzeiten und verhindert individuelle Bevorzugungen. So werden Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen und nachvollziehbar dokumentiert.

Fazit

Hallenzeiten sind knapp – aber das heißt nicht, dass Vereine machtlos sind. Wer clever plant, Prioritäten setzt und flexibel bleibt, kann das Beste aus den vorhandenen Kapazitäten herausholen.

Wie sieht es bei euch aus? Nutzt ihr eure Hallenzeiten schon optimal? Die Best Practices der neun Großvereine zeigen, wie ihr mit smarter Kursverteilung, multifunktionaler Raumnutzung und digitalen Tools Engpässe entschärfen könnt. Kooperationen mit externen Partnern bringen zusätzliche Möglichkeiten, und durch strategische Verhandlungen sichert ihr euch wertvolle Zeitfenster.

Das Wichtigste? Klare Strukturen und transparente Verantwortlichkeiten. Wer die richtigen Stellschrauben dreht, sorgt nicht nur für eine bessere Hallenplanung, sondern für zufriedene Mitglieder und langfristigen Erfolg!